Tief im Bauch der Erde
Am Morgen bin ich nach Hillesheim runter gelaufen, habe dort einen Kaffee getrunken, etwas eingekauft und mich dann wieder auf den Weg gemacht. Es schneite und regnete ununterbrochen. Das Laufen fiel mir schwer und ich musste mich auf jeder Bank ausruhen. So kam ich nur sehr langsam voran. Der Weg ging durch ein enges Tal, von dick bemoosten Felsen gesäumt. Und dann endlich etwas Blühendes: Märzenbecher, ein ganzer Hang voll von diesen entzückenden weißen Glöckchen über ihren frisch grünen Blättern.
Ansonsten blühen in den Gärten nur die niedrigen Narzissen. Am Wegesrand ab und zu ein paar Veilchen, der Huflattich hat inzwischen fest geschlossene, aber gelbe Knospen, er wartet auf Sonne. Auch bei den Forsythien ahnt man das Gelb. Die Weidenkätzchen schimmern silbern, die Erlen bekommen einen leisen Hauch von lila und grün.
Es ist Vorfrühling, aber immerhin hat eine Lerche gezwitschert.
Der Bach plätscherte fröhlich, ihn schien der Regen zu freuen.
Mittags habe ich lange in einem Lokal gesessen, das iPad musste geladen werden und ich brauchte die Ruhepause.
Am Nachmittag kam die Sonne raus. Die Erde dampfte, weiße Wattewolken zogen über den Himmel und in einer Blattrosette glitzerte ein riesiger Regentropfen wie ein Diamant.
Die Hütte vor Gerolstein, die ich angepeilt hatte, würde ich nicht mehr erreichen, aber sechs km davor gibt es noch eine Schutzhütte, dorthin wollte ich gehen. Der Weg führte durch den Wald, immer steil bergauf, völlig matschig, mit umgestürzten Bäumen, so dass das Wandern ziemlich anstrengend wurde.
Doch dann die Belohnung für die Mühe. Eine Höhle, die man begehen konnte. Sie führte tief in den Berg. Meinen Rucksack hatte ich draußen gelassen, nur die Kopflampe aufgesetzt.
Überall tropfte es und das Wasser an den Steinen glitzerte wie Silber, wenn das Licht darauf fiel. Kleine, ganz weiße Fledermäuse hingen in trockenen Felsspalten.
Auf Grund von Funden nimmt man an, dass Steinzeitmenschen in der Höhle gelebt haben. Wie, das ist mir schleierhaft, denn es tropfte überall und der Boden war ganz nass.
Ich liebe die Melodie der Wassertropfen. Jeder klingt anders, der Rhythmus ist nicht vorherzusehen. Ich habe mich auf einen Stein gesetzt, das Licht gelöscht und in die Dunkelheit hinein gehorcht. Geborgen im Bauch der Erde. Tiefe Ruhe. Ganz klein wird das eigene Sein, aller Kummer relativiert sich. Wie klein sind wir Menschen und wie schnell vergeht unsere Spur auf der Erde.
Als ich aus der Höhle heraus kam, war ich froh, dass mein Rucksack noch da stand.
Zur Hütte waren es nur noch wenige Meter.
Es ist eine große Hütte, so dass ich trocken u d windgeschützt bin. Von hier kann man weit ins Land sehen. 350 vulkanische Gipfel soll es in diesem Teil der Eifel geben.
Heute Abend haben die Vögel zum ersten Mal so richtig gesungen. Ich habe Ihnen lange zugehört und versucht, die einzelnen Stimmen heraus zu hören.
Dann müsste ich das Zelt aufbauen, essen, und jetzt in den Schlafsack kriechen, weil es ziemlich kalt wird.
Gute Nacht und einen schönen Ostersonntag wünsche ich euch.
Heide
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