"Ich bin blind"
Die Nacht war kalt, wir hatten leichten Frost, aber der Schlafplatz war prima!
Mein Schlafsack ist schön warm, so dass ich nicht gefroren habe, aber das Aufstehen fällt schwer! So kam ich erst um 6.30 Uhr aus den Federn und wanderte, nach einer Ehrenrunde durchs Dorf, um halb acht los. Die Sonne schien, die Lerchen jubilierten und meine Seele stimmte mit ein.
Im Rheintal lag dichter Nebel, aber die Hochebene bot weite Sicht bis in den Hunsrück.
Ich hatte den Rheinsteig verlassen, um einen etwas bequemeren, wenn auch nicht kürzeren Weg zu gehen.
Nach einer Stunde kam ich nach Prath, wo ich Herrn Schneider fragte, ob es eine Gaststätte gäbe. Er verneinte und ich meinte, das sei kein Problem, ich wolle Frühstücken und würde den Nescafé in kaltem Wasser auflösen. Herr Schneider bot sofort an, mir heißes Wasser zu machen. Wenig später brachte er eine große Kanne und stolperte fast über den Blumenkübel, der neben der Bank steht. Als ich ihn warnte, meinte er nur: ich habe nicht aufgepasst, ich bin nämlich blind." Drei Prozent Sehkraft hat er noch. Aber er macht alles selber, arbeitet im Garten, auf Knien, und fühlt, wo Unkraut ist. Den Rasen mäht er, indem er die Gelbe Tonne stellt und sich daran orientiert. Mit großer Begeisterung erklärte er mir, was es alles für Hilfsmittel für Blinde gibt.
Seine Fröhlichkeit, Güte und Zuversicht hat mich tief beeindruckt.
Nach einer Stunde, ich hatte gefrühstückt und viel warmes Wasser und Kaffee getrunken, wanderte ich weiter und kam mittags in Wellmich am Rhein an.
. In einer Gaststätte, die "zum Saustall " heißt, habe ich eine lange Rast gemacht, um Telefon und I Pad aufzuladen.
Zum Saustall heißt es, weil die Wirtin Schweinchen in jeder Form sammelt und damit die ganze Kneipe ausgestattet hat.
Ja, und dann habe ich gemogelt: ich bin nicht durch die Berge, auf dem Rheinsteig weiter gegangen, sondern am Rhein entlang. Ein schöner Weg, direkt am Wasser, wo der Rheinsteig nie lang führt. Außerdem war der Weg etwas kürzer und ohne Steigungen!
In St. Goarshausen bin ich wieder auf meinen Weg getroffen und zur Burg Katz und weiter hoch zum Ortsteil Heide gewandert. Von dort waren es nur noch zwei km bis zur Loreley. Dort sitze ich an einer Biertischgarnitur eines Bistros, das jetzt, um acht, geschlossen hat.
Unter dem Vordach werde ich gleich unser Zelt aufbauen. So brauche ich kein Überzelt, was durch das Schwitzwasser des Atems nass werden kann.
Zwei Wohnmobile stehen auf dem Parkplatz, ansonsten ist eine himmlische Ruhe.
Euch Liebe Grüße
Heide