Ich wasche mich in einer Pfütze
Schon früh bin ich heute aufgewacht. Da es noch so dunkel war, habe ich noch ein wenig polnisch gelernt und bin gegen acht aufgebrochen.
Von Aalbäumle erst einmal bergab, dann steil bergauf zum Volkmarsstein. Ein wunderschöner Weg und ich schaffe den steilen Anstieg gut, wenn auch langsam.
Am Volkmarsstein ist es wunderschön. Lichte Wachholderwiesen, große alte Buchen und Eichen, die alle einen Namen haben, bezaubern mich.Schön, Bäumen einen Namen zu geben. Der Weg führt, wie gestern, durch hohen Wald, ab und zu ein wenig Nadelwald, der noch relativ gesund aussieht. Nur zwei mal geht es durch ein offenes Tal.
Schön, zu sehen, wie der Nebel den Waldrand streichelt. Aus dem Wald dampft es, die Erde atmet aus!
Es ist ganz still, nur die Vögel zwitschern leise vor sich hin. Ich bemühe mich, leise aufzutreten, aber das Laub raschelt und die Stöcken klicken, das kann ich nicht ändern. Den ganzen Tag begegnen mir: ein Auto, zwei Radfahrer und eine Spaziergängerin. Stille, Stille, Stille! So ist die Welt gewollt und der Mensch hat seit Jahrtausenden in dieser Stille gelebt.
Ich habe wieder wenig Wasser, da der Weg keine Orte berührt, kann ich nicht nachfüllen. Bäche gibt es auch nicht und ich bin noch nicht gewaschen. Aber da. . .
eine tiefe Treckerspur voller Wasser! Ganz vorsichtig schöpfe ich mit einem Becher von oben ab, mache den Waschlappen immer wieder nass und bringe so eine einigermaßen passable Wäsche zu Stande.
In einem Buchenwald sehe ich ein Gedenkkreuz für einen Wanderer, der mit achtzig Jahren auf einer Wanderung tot umgefallen ist. Ein schöner Tod? Ich glaube, ich würde mich gern bewusst vom Leben verabschieden, den Übergang in eine andere Welt mitbekommen. Aber wer weiß, vielleicht hat er ja auf seine Weise den Übergang erlebt, nur von der anderen Seite aus.
Und dann fängt es an zu regnen, zu pladdern, zu schütten. Der Wind fegt mir das Regencape um die Beine, hebt es an, so dass die Hose trotz Gamaschen klitsche nass ist. Essen kann ich auch nicht, bei dem Regen. Endlich komme ich nach Lauterburg. Dort gibt es ein sehr gepflegtes, geschlossenes Bushäuschen.
Dort werde ich essen und vor allem mein Wasser auffüllen. Zwei Liter für 22 Stunden ist sehr knapp. Mike Young, ein Schwarzamerikaner, der mit einer Schwäbin verheiratet ist, kommt gerade nach Hause. Ich bitte um Wasser und werde sofort zum Essen eingeladen. Und hinterher darf ich auch noch duschen und Haare waschen.
Da es spät geworden ist, fährt mich Natascha, die Tochter nach Heubach, wo ich noch einmal mit meiner Schwester verabredet bin. Vorher zeigt mir Natascha einen guten Zeltplatz am Anfang des Ortes auf einem Parkplatz, an den meine Schwester mich dann, nach einem gelungenen Abendessen, fährt. Zum ersten Mal baue ich im Dunkeln auf, aber die Scheinwerfer des Autos leuchten mir, bis das Zelt steht. Dann fährt meine Schwester heim Alles andere geht mit der Kopflampe wunderbar.
Morgen gibt es wieder keine Orte am Weg, aber ich kann mir die Wasserflaschen in Heubach füllen, so dass zu mindest die Morgentoilette gesichert ist.
Jetzt muss ich schnell schlafen, denn auf dem Parkplatz will ich nicht so lange bleiben und lieber früh los.
Gute Nacht
Heide
wanderheide am 17. Oktober 14
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