An der Egerquelle
Heute habe ich nur bis halb vier geschlafen, dann aber noch gut ausgeruht.
Der Weg war nicht beschwerlich und trotzdem war ich langsamer als in den vergangenen zwei Tagen.
Aber Alfons hat ja eine Engelsgeduld, er drängt nie. Das würde ja auch keinen Sinn machen, wenn die Kraft fehlt.
Bis Bopfingen sind wir gewandert, haben dort noch zu Mittag gegessen und dann habe ich Alfons zum Zug gebracht und bin allein weiter gewandert.
Am Anfang war es etwas traurig und einsam.
Aber der Weg ging in Serpentinen ganz steil bergan, da brauchte ich alle Kraft um das zu schaffen. Und dann kam ich in einen Buchen Hochwald. So wahnsinnig schön, dass es im Bauch kribbelt. Über einen langen, schmalen Grat geht es langsam abwärts. Zu beiden Seiten fällt das Gelände steil ab, so dass ich in Höhe der Baumwipfel wandere. Und dann geht es in Serpentinen steil bergab.
Ich bin mir der Gefahr bewusst und setze jeden Schritt mit voller Konzentration.
Am gegenüber liegenden Hang leuchten die Buchen in Gelb und Brauntönen.
Steinwände ragen senkrecht empor. Ich muss vorsichtig sein, damit ich nicht mit dem Rucksack dagegen stoße und den Halt verliere.
Der Weg ist anstrengend aber sehr, sehr schön.
Viel später, als gedacht, komme ich an der Egerquelle an.
Ich bin angestrengt, aber glücklich.
Mein Zelt kann ich nicht auf die Wiese stellen, weil dort gerade der Jäger angekommen ist und es bestimmt nicht gern sieht, wenn ich ihm die Tiere verjage.
So baue ich direkt an der Quelle, vor einer Bank auf.
Der Streifen ist schmal, dann geht es vier Meter senkrecht runter zum Quellteich.
Etwas abschüssig ist es auch, aber das kann ich ausgleichen, indem ich Rucksack und Regencape unter die Luftmatratze lege.
Aber ich darf auf keinen Fall links zum Zelt rausgehen, da sind nur 20 cm bis zum Abgrund.
Also habe ich mir meine Kleidung vor den Ausgang gelegt, was ich sonst nie mache, und habe das Aussenzelt geschlossen und den Reißverschluss unterm Zelt enden lassen. So kann ich, wenn ich nachts wach werde, nicht vergessen, dass ich dort nicht raus darf. Bis zur Bank habe ich auch nur 30 cm Platz, aber das reicht.
Ich habe möglichst wenig Licht gemacht, der Jäger muss ja nicht unbedingt mitkriegen, das ich hier zelte. Aber inzwischen habe ich ihn heimfahren hören.
In der Ferne kreischt das Sägewerk, eine Bahnlinie geht unmittelbar hier vorbei, jedoch etwas höher. Aber alles wird von dem intensiven Plätschern übertönt, was ich so sehr liebe.
Ich denke, ich werde gut schlafen können.
Da ich kein Netz habe kann ich den Beitrag erst morgen ins Netz stellen.
Gute Nacht
Heide
wanderheide am 14. Oktober 14
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