Glück und Schmerz nah beieinander
Von meinem Schlafplatz bin ich nach Wemding hinein gewandert, habe dort noch die Ausstellung über das Ries angeschaut , an einer Stadtführung teilgenommen und bin dann auf Harburg zu gegangen.
Der Weg führte durch hohen Buchenwald. Das habe ich am liebsten!
Kafka hat einmal gesagt, man könne jahrelang im Moos liegen und über den Wald nachdenken. Für mich wäre es eher so, dass ich mich in den Wald einfühlen könnte, ganz, ganz lange.
Ich frage mich immer wieder, was einen Märchenwald ausmacht. Ich hatte gedacht: Laubwald, licht, wenig Unterholz, ziemlich eben. Und dann komme ich in einen Wald, der all das nicht hat und trotzdem ist es für mich ein Märchenwald. Ich kann es nicht erklären, aber ganz klar spüren.
Bäume sind wie Freunde. Sie sind für dich da, sie trösten, sie wollen dich nicht ändern, akzeptieren dich wie du bist und schenken dir ihre Ruhe, ihre Kraft, ihre Schönheit und ihr Sein.
Es gibt Bäume, die sind so erhaben, dass man sie mit "Sie" ansprechen müsste und es gibt Bäume, für die der Ausdruck " ihre Majestät" passend wäre.
Und dann wieder die kleinen Schösslinge, die so eifrig ins Leben wollen und doch so dicht stehen, dass nur wenige es schaffen werden groß zu werden.
Das Wandern macht mich sensibler : ich nehme alles intensiver wahr. Gerüche, Geräusche, Farben und Formen.
Aber
Dadurch schmerzt auch vieles intensiver.
Als ich an einem riesigen Steinbruch vorbei gekommen bin, konnte ich den Schmerz körperlich spüren.
Wie gehen wir mit Mutter Erde um! Mit Baggern und Sprengstoff reißen wir ihren Leib auf und finden das ganz normal.
Die Bauern sind in der Maisernte, die Erntemaschine macht einen Höllenlärm. Sie schneidet und hexelt und pustet das Geschnipsel auf einen Anhänger, der vom Trecker genau parallel zur Erntemaschine gefahren wird. Wenn das mich schon so nervt, obgleich ich das Geräusch zuordnen kann, wie muss es dann den Pflanzen und Bäumen gehen, die diesen Lärm nicht zu deuten wissen?
Die Fichten sind fast alle krank. Man sieht es daran, dass die Seitentriebe der Äste nicht waagerecht stehen, sondern senkrecht runter hängen. Lamettaeffekt nennt man das.
Noch schlimmer geht es den Lärchen. Sie sind alle am absterben. Ich habe nicht einen gesunden Baum gesehen.
Nun ist meine Wanderung ums Ries herum beendet. Das Ries ist durch einen Asteroiden Einschlag vor 14 Millionen Jahren entstanden. Auch den Frankenweg bin ich morgen früh zu Ende gewandert. Dann wechsle ich auf den Schwäbisch Alb Weg.
Um neun treffe ich mich mit meinem Freund Alfons und wir gehen einige Tage gemeinsam. Darauf freue ich mich sehr.
So, für heute gute Nacht.
Eure Heide
wanderheide am 10. Oktober 14
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