Der Engel aus dem Kuhstall
Gertraud heißt die Wirtin im Gasthaus Rose.
Es gibt ein Buch, das heißt : vom Wispern des Waldes und vom Sinn des Wanderns (oder so ähnlich)
Darin beschreibt ein Wanderer Gertraud., Sie ist um die 50, eine herbe Schönheit,
Immer ein Lächeln auf den Lippen. In einer abgetragenen Jeans,T Shirt und einer nicht mehr ganz sauberen Schürze. Gertraud ist eine stolze, selbstbewusste Frau, die ihre Gäste einzuschätzen und zu nehmen weiß. Oft kommt sie direkt aus dem Kuh-oder Schweinestall, um dann die Gäste zu bedienen.
Als ich z.B. einen Salat bestellt habe, meinte sie, erst gäbe es eine Lauchsuppe, damit ich etwas Warmes im Bauch hätte. Dann würde ich ja außerdem das Trinken sparen.
Einem ehemaligen Studienrat verordnet sie ein Mettbrot, da er zu Hause sonst immer nur das Gleiche essen würde.
Wenn Gertraud nicht bedient, ist sie im Haus oder im Stall beschäftigt. Dann muss man mit einer Funkglocke nach ihr klingeln.
Am Abend ist das kleine Lokal voller Stammgäste. Jeder wird herzlich begrüßt.
Gertraud hat einen Mann, der aus gesundheitlichen Gründen nur sehr beschränkt helfen kann, einen alten Vater, der kaum laufen kann und eine Mutter, die vom Tisch abräumen aus der Puste kommt.
41 Kühe müssen versorgt und gemolken werden.
Gestern Abend hörte ich Gertraud, als sie schlafen ging. Mit einem leisen Lied auf den Lippen kam sie hoch, es war 23 Uhr. Ihre Nacht war kurz, schon kurz nach fünf hörte ich sie in den Stall gehen. Und dann brummte die Kühlung für die Milch.
Als ich zum Frühstück ging, sang sie wieder leise vor sich hin.
Das Frühstück war grandios: Ei, Yogourt, Saft, Obst, Wurst, Käse, Marmelade,Kuchen und eine Tüte, damit ich mir etwas einpacken kann.
Da ich wenig frühstücke, nahm ich mir etwas Käse und eine Apfelsine mit.
Aber da habe ich die Rechnung ohne den Wirt gemacht: Gertraud packte mir noch Kuchen, Käse, und eine Nektarine ein.
Als ich um eine Stopfnadel bat, da mein Pullover durchgescheuerte Ellenbogen hatte, beschloss Gertraud, ich solle den Pullover gleich stopfen.
So kam ich erst nach neun los.
Welch ein Glück, wieder draußen zu sein! Am Bach bleibe ich stehen, horche auf das Murmeln und Plätschern, schaue dem Buchenblatt zu, dass eilig dahin schwimmt. Der Wind hüllt mich ein,zart und kräftig zugleich. Ein betörender Duft vom blühenden Raps lässt noch einmal den Frühling aufleben.
Ich bin so glücklich, dass ich nicht weiß, ob ich lachen oder weinen soll.
Ich bin da, mittendrin in dieser wunderschönen Welt. Die frisch gepflügte Erde leuchtet rostrot, die gelben Rapsfelder, das zarte Grün der frischen Getreidesaat , der olivfarbene Waldrand und die dunklen Fichten bilden eine Symphonie von Farben, die schöner nicht sein kann.
Schade, dass Yukon jetzt nicht bei mir ist! Ich habe mich immer gefragt, ob er wohl ein Empfinden für die Schönheit der Natur hat.
Den ganzen Tag bin ich gewandert. Nicht schnell, in meinem eigenen Rhythmus.
Der Weg war stellenweise nicht ausgeschildert, so dass ich Umwege machen musste und stellenweise hin und her gesucht habe. Aber das hat mich nicht einmal ärgerlich gemacht. Ich war so gelassen, so getragen von all dem Schönen, dass nichts diese Stimmung stören konnte.
Die Ausschau nach einem Schlafplatz gestaltete sich wieder schwierig.
Zwar waren am See jede Menge gute Plätze, aber alles war so offen und viele Spaziergänger waren unterwegs. Da wollte ich nicht bleiben, das wäre unvorsichtig.
Mit Yukon wäre das gegangen,aber so bin ich noch in den Hochwald gelaufen und habe oben, auf der Kuppe einen geraden Platz gefunden.
Ich wünsche euch allen viel, viel Freude. ( ach, könnte ich meine Freude teilen)
Liebe Grüsse Heide
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wanderheide am 08. Oktober 14
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