Zur Nacht beim Heiligen Franziskus
Die Nacht von Montag auf Dienstag war ruhig, nur der Bach plätscherte. Ich hatte vorgehabt, schon um halb sechs aufzustehen, ich gehe abends ja auch früh schlafen. Aber dann habe ich den Wecker ausgestellt und bis sieben geschlafen. Was solls,mich treibt ja nichts!
Der Morgen war verhangen. Diese stille Stimmung, die ich so sehr liebe. Die Landschaft ist seit Tagen ähnlich.
Meist geht es über Wiesen und Felder, an Waldrändern entlang, nichts, was viel Fremdenverkehr anziehen würde.
Ich freue mich an der frisch umgebrochenen Scholle, an dem feinkrumig geäggten Feld, das daliegt wie zarter, brauner Samt.
Ich frage mich, warum links des Weges der Acker mit kleinen Steinen übersähet ist und rechts kein einziger Stein in der Erde zu sehen ist.
Ich bewundere die sprießende Saat des Wintergetreides. So viel Lebenswille!
Leider verdrängt Tritikale immer mehr die hergebrachten Sorten. Tritikale ist anspruchsloser und ergiebiger, kann aber nur für die Mast verwendet werden.
In einem Acker stand Zwischenfrucht mit entzückenden kleinen Wicken. Die Flügel weiss und die Lippen rosa. Dieses Bild begleitet mich bestimmt noch viele Tage.
Der Weg ist nicht immer zureichend beschildert. So versuche ich erst die eine Richtung, nachdem kein Wanderzeichen kommt, gehe ich den anderen Weg.
Auch kein Wanderzeichen. Ich frage den Bauern, der gerade auf dem Feld arbeitet.
Er rät mir. Ins Tal zu gehen, da das Gasthaus im nächsten Ort, das ich angepeilt hatte, geschlossen hat. Der Wirt ist mit der Kartoffelernte beschäftigt. Der Bauer, der den Trecker fährt, ist 86 Jahre alt. Wenn er aufhört, stirbt der Hof. Sein Sohn kann und will ihn nicht weiterführen. Die Preise sind zu schlecht.
Also mache ich einen kleinen Schlenker und und wandere dann am alten Ludwig Donau Main Kanal entlang nach Berching.
Berching ist eine zauberhafte kleine Stadt, Stadtmauer, Türme und Tore sind vollständig erhalten. Auf dem geräumigen Marktplatz kann man Giebel aus allen Zeitepochen sehen. Manche sind so breit, wie ich sie noch nirgends gesehen habe.
Ich schätze, dass es Giebel aus der Barockzeit sind, konnte aber bei Wikipedia nicht nachschauen, weil mein Netzempfang wieder mal zu schwach ist.
Jenseits des Main Donau Kanals wollte ich mir Trinkwasser zur Nacht besorgen.
Der freundliche Herr fragte mich, wo ich noch hin wolle. Ich suchte ja nur nach einem ebenen, geraden Schlafplatz.
Da schlug er mir den Platz gegenüber, an der Kirche vor. Daraufhin fragte ich ihn, ob er mein iPad aufladen könne.
Erst am Abend habe ich geschaut, wie weit ich gewandert bin. Tagsüber habe ich bewusst vermieden, km zu zählen, weil das ja nicht Sinn meiner Wanderung ist. Es soll sich jederzeit gut anfühlen. Nachdem ich am Vortag sehr auf die km geachtet hatte und mich an meiner Leistung freuen konnte, bin ich nun gewandert, wie sich ein Windrad bei ganz leichter Briese dreht. Langsam und stetig, mit nur kleinen Pausen.wie erstaunt war ich, dass ich trotzdem wieder 17 km gegangen bin.
Ich habe trotz der nahen Strasse gut geschlafen. Ich kann mir abends sagen, welche Geräusche mich nichts angehen und die dann ausblenden.
Heute Morgen bekam ich nicht nur das iPad zurück, sondern auch noch einen heißen Kaffee.
So wanderte ich erst nach acht weiter. Immer bergauf, bis zur Kapelle der 14 Nothelfer. Dort machte ich auf einer Bank meine Dehnübungen. Das ist ganz, ganz wichtig, damit die Muskeln geschmeidig bleiben. Dann ging es weiter. Immer noch bergauf. Bestimmt anderthalb bis zwei Stunden.
Dann allerdings blieb der Weg auf der Höhe, bis er kurz vor Obermässing steil abwärts, in den Ort führte. Etwa einen km vor dem Ort fing es leicht an zu regnen.
Da ich nur ganz leicht bekleidet war, beschloss ich, nicht erst das Regencape anzuziehen, sondern mich zu beeilen und ruhig ein wenig nass zu werden.
Unmittelbar bevor es zu giessen anfing erreichte ich ein Gasthaus, aber es war geschlossen. Also stellte ich mich in einem Hauseingang unter.
Später konnte ich dann zu einem Vereinsheim gehen, wo ich etwas zu essen bekam.
Das Wetter war inzwischen freundlicher geworden. Ich wanderte nur 500 m aus den Ort hinaus und fand eine Kapelle. Der Heilige Franziskus ist als Figur dargestellt.
Die Kapelle ist nach vorn ganz offen, nur mit einem Holzzaun und Türchen versehen.
Der ideale Schlafplatz ! ! !
Ich brauche kein Zelt aufzubauen, sitze auf einer Bank , auf der ich auch meine Sachen ausbreiten konnte und bin zufrieden.
In dem Vereinsheim konnte ich nicht nur mich, sondern auch meine Sachen waschen, die jetzt über dem Zaun zum trocknen hängen. Also alles perfekt. Ich denke, Franziskus wird nichts dagegen haben, dass ich bei ihm nächtige. Ich erweise ihm ja den gebührlichen Respekt.
Sein Sonnengesang gehört zu meinen Lieblingstexten.
Nun ist es stockfinster, mit meiner Kopflampe strahle ich den Heiligen an, bevor ich gleich schlafen gehe.
Heute ist der 1.10. jeder erste, ja, jeder Tag kann ein Neuanfang sein.
Möge der Oktober golden sein, vom Wetter und von eurer Stimmung her.
Gute Nacht
Heide
PS wieder kein Netz, so dass ich den Text erst morgen einstellen kann.
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wanderheide am 02. Oktober 14
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